Geschichte der Sternwarte
Lamont – Erdmagnetismus – Observatorium
Nach wiederholten Rücksprachen mit Schelling entschloss
sich Lamont, an dieser Arbeit Theil zu nehmen und im
Einverständnis mit Schelling eine ehrfurchtvolle Vorstellung
unmittelbar an Seine Majestät den König einzureichen ,
in der er die wissenschaftlichen Vorteile einer Teilnahme an diesem
weltumspannenden Beobachtungsprogramm darlegte und auch gleich einen
Bauplan für ein magnetische Observatorium beifügte.
Als Kronprinz Maximilian (1811–1864) von diesen Plänen erfuhr,
liessen Seine königliche Hoheit aus eigenem Antribe den Willen
kund geben, der neuen Anstalt nicht blos zu ihrer vollständigen
Einrichtung eine namhafte Summe aussetzten, sondern auch auf eigene
Kosten einen Gehilfen während der Dauer der Beobachtung beigeben
zu wollen.
Lamont war über die Zuwendung in Höhe von 400 Gulden und die
Stellenzusage hocherfreut, wie sehr durch die grossmüthige
Donation Seiner königlichen Hoheit die Anstalt gewonnen hat.
Noch im Februar 1840 wurde mit dem Bau des Observatoriums begonnen und
Lamont bestellte bei Moritz Meyerstein (1808–1882), dem Mechaniker
von Gauß, mehrere Magnetstäbe, um damit die erforderlichen
Messinstrumente zu bauen.
Um den Einfluss der Tagestemperatur und von Eisenteilen möglichst
zu eliminieren, wurde das Observatorium nur aus Holz errichtet und
unterirdisch in 35 Meter Entfernung zum Hauptgebäude angelegt.
Der Bau besaß doppelte Holzwände, die die Zirkulation von Luft
erlaubten und damit die Entstehung von Feuchtigkeit verhinderten.
Während der Gang zur Sternwarte mit Erde abgedeckt war, erhielt
das eigentliche Observatorium Tageslicht, da sich die Dächer der
Seitenteile ein Paar Fuss über den Boden erhoben und das Dach des
mit verglasten Öffnungen versehenen Mittelteils noch etwas höher war.
Schon am 1. August 1840 um 6 Uhr morgens konnte im Observatorium mit
den kontinuierlichen Messungen der Kenngrößen des Erdmagnetfeldes
(Deklination, Inklination und Horizontalintensität) begonnen werden.
Zunächst wurden die Instrumente tagsüber stündlich abgelesen und
nachts alle zwei Stunden.
Lamont führte drei Messungen vormittags und eine am Nachmittag
persönlich durch, während seine drei Gehilfen für die restlichen
Termine zuständig waren.
Einmal im Monat, zu einem Zeitpunkt, der vom
Magnetischen Verein festgelegt wurde, erfolgten die Messungen
in noch kürzeren Zeitintervallen.
Da die von Gauß eingeführte Messmethodik nach Ansicht von Lamont
durchaus verbesserungsbedürftig war, stellte er schon bald hierzu
eigene Experimente an.
Diese zeigten auch, dass kleine, nur wenige Gramm wiegende Magnete
für die Messmethodik – vor allem unter dem Aspekt der Anwendung im
Gelände – von großem Vorteil waren.
Zur Vermeidung des Einflusses von Luftturbulenzen mussten dabei die
an dünnen Fäden aufgehängten Magnete jedoch in einem Glasgehäuse
untergebracht werden.
Die Geräte wurden so aber nicht nur unproblematischer in
der Handhabung, sondern erlaubten auch die Beobachtung von
Magnetfeldänderungen auf kürzeren Zeitskalen.
Solche instrumentellen Änderungen trugen dann ganz entschieden zur
Verbesserung der Messgenauigkeit bei.
Ab 1846 musste das unterirdische Observatorium jedoch aufgegeben
werden, da ein Teil der hölzernen Anlage schon in Verfall gerieth,
und die Wiederherstellung derselben nicht erlangt werden konnte .
Obwohl zwischenzeitlich in den meisten anderen Stationen die
Beobachtungen schon abgebrochen worden waren, konnte Lamont erreichen,
dass erdmagnetische Messungen in Bogenhausen zu einer permanenten
Einrichtung wurden.
Da er die Messtechnik verbessert und seine Instrumente verkleinert
hatte, konnten diese in einiger Entfernung südlich des Hauptgebäudes
in Vertiefungen von ca. 1.8 Metern aufgestellt und durch eine in die
Wand des Bibliothekszimmers gebrochene viereckige Öffnung mit einem
Teleskop abgelesen werden.
Als sich jedoch herausstellte, dass vor allem die Eisenmassen der
Westkuppel einen starken Einfluss auf die Messergebnisse ausübten,
ermittelte Lamont in mühsamen Versuchsreihen diese lokalen Störfaktoren
und berücksichtigte sie bei der Reduktion der Daten.
An diesem Verfahren wurde dann praktisch bis 1882 fast ununterbrochen
festgehalten.
Um die immense Belastung durch die regelmäßige Ablesung der Instrumente
zu verringern, wurden diese ab 1848 auf die Tagesstunden beschränkt.
Lamont hatte nämlich 1847 einen Magnetographen konstruiert, mit dem in
einem unterirdischen Raum die magnetischen Variationen kontinuierlich
aufgezeichnet werden konnten.
Die registrierenden Magnete besaßen feine Spitzen, die über einen
von einem Uhrwerk gesteuerten Exzenter alle fünf Minuten auf eine
sich drehende, mit Wachs und Ruß bestrichene Walze gedrückt wurden
und dort feine Punkte hinterließen, die hinterher mit einem Mikroskop
ausgewertet werden konnten.
Die Walzen wurden täglich ausgebaut, abgelesen, neu präpariert und
wieder benutzt.
An diesem Verfahren hielt man bis etwa 1870 fest und wechselte erst
dann zu einer photographischen Registrierung.
Zur Kontrolle der Variationsmessungen wurden ab 1847 in einer kleinen
eisenfreien Holzhütte in der Südostecke des Geländes regelmäßig
absolute Bestimmungen der Kenngrößen des Erdmagnetfeldes vorgenommen.
Die Hütte wurde dann 1859 durch einen Neubau aus Stein am nördlichen
Rand des Geländes ersetzt, der bis 1886 in Betrieb war.
Die von dem Gaußschen Mechaniker Mayerstein unterzeichnete Rechnung vom
20. Februar 1840, für zwey zehnpfündige und zwey 4 pfündige
Magnetstäbe, die Lamont zum Bau seiner ersten magnetischer
Messinstrumente benutzte.
Die Rechnungsbeträge sind in Talern angegeben, dem in Norddeutschland
damals gängigen Zahlungsmittel.
![[Abrechnung für Material und Arbeitsleistungen]](02_Obs1840_.jpg) ![[Abrechnung für Material und Arbeitsleistungen]](03_Obs1840_.jpg)
Abrechnungen für Material und Arbeitsleistungen im Zusammenhang mit
dem Bau des magnetischen Observatoriums.
Es wurden z. B. für die von Zimmermeister Stitzinger
gelieferten Bretter 2 Gulden, für den Aushub 2 Gulden 50 Kreuzer
und für Dach eindecken und planiren 2 Gulden 42 Kreuzer gezahlt.
In Bayern wurde seinerzeit ein Gulden mit 60 Kreuzern bewertet.
![[Ausgaben-Nachweis]](05_Obs1840_.jpg)
Lamonts handschriftlicher Nachweis über die Verwendung der vom
Kronprinzen Maximilian zum Bau des magnetischen Observatoriums zur
Verfügung gestellten 400 Gulden.
Daraus ist auch ersichtlich, welche Handwerker am Bau beteiligt
waren und dass für die Magnetstäbe zusätzlich noch Mauth
und Transportkosten angefallen sind.
In Summa ergeben sich (mit Bleistift eingetragen und kaum
leserlich) 390 Gulden 22 Kreuzer.
Im Rahmen eines Festvortrags stellte Lamont am 25. August 1840 den
Akademiemitgliedern sein neues magnetisches Observatorium vor.
![[Plan des unterirdischen Observatoriums]](07_Obs1840Plan1_.jpg)
Die Lage des unterirdischen Observatoriums (F) relativ zum Haupttrakt
der Sternwarte (A, B, C) und dem Refraktorgebäude (D).
Ein 35 Meter langer Gang führte vom Hauptgebäude zu dem achteckigen
Messplatz, der in einer Tiefe von 3.8 Metern lag und von dem
kreuzförmig vier 8.8 Meter lange und 1.8 Meter breite Gänge abzweigten.
Dabei lagen zwei von ihnen im damaligen magnetischen Meridian
(17° W) und zwei senkrecht dazu.
Die Messinstrumente (im nördlichen Gang das Deklinatorium, im
westlichen ein Bifilar zur Intensitätsmessung und im südlichen das
Inklinatorium) standen an den Enden von drei Gängen auf hölzernen
Säulen und wurden mit einem Theodolit vom Zentrum des Kreuzes aus
abgelesen.
Am Ende des vierten Ganges (Richtung Refraktorgebäude) waren in einem
bis zu einer Tiefe von 9 Metern getriebenen Schacht Bodenthermometer
installiert.
Als 1846 das Holzwerk des Observatoriums in Verfall geraten war,
wurden die Instrumente in Vertiefungen von ca. 1.8 Metern südlich
des Hauptgebäudes plaziert (m) und durch eine in die Wand des
Bibliothekszimmers gebrochene viereckige Öffnung mit einem Teleskop
abgelesen.
![[Plan des absoluten Hauses]](09_Obs1859Abs1_.jpg)
Nachdem 1847 am südöstlichen Rand des Sternwartgeländes eine hölzerne
Hütte für Absolutmessungen errichtet und bis 1859 benutzt worden war,
kam es im gleichen Jahr zum Bau eines stabilen Hauses am Nordrand
des Grundstücks.
Es war eisenfrei aus Steinen hergestellt, konnte daher die Messungen
nicht beeinflussen und war bis 1886 in Betrieb.
Das Bild zeigt Querschnitt und Grundriss dieses absoluten Hauses.
Dieser Plan des Dorfes Bogenhausen aus dem Jahre 1876 zeigt auch
die Sternwartanlage.
Neben Haupt- und Refraktorgebäude sind auch die Lage des ehemaligen
unterirdischen magnetischen Observatoriums und der ehemaligen (unten
rechts) und neuen (oben links) absoluten Hütte angegeben.
![[Titelblatt der Veröffentlichung]](12_Pub1849_.jpg)
Lamonts verfasste zwei Monographien über sein Spezialgebiet:
1849 erschien das Handbuch des Erdmagnetismus, 1867 das des
Magnetismus.
Beide Werke zählen auf diesem Gebiet zur klassischen Literatur in
deutscher Sprache.
Bildquellen:
Nr. 1–10, 12, 13: USM
Nr. 11: WWW
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